CD: Deine Ludder

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Das 500- jährige Jubiläum der Reformation wird dieses Jahr, 2017, in ganz Deutschland und weltweit gefeiert. Zurecht: Schließlich ist die Reformation ein immens wichtiger Teil der deutschen und internationalen Kirchengeschichte und hat so einiges bewegt! Derjenige, der das ganze nachhaltig beeinflusst hat, hieß Martin Luther. Er hat nicht nur am 31. Oktober vor 500 Jahren die 95 Thesen in Wittenberg an die Kirchentür genagelt, sondern auch sonst viel in der Kirche bewegt: nicht wenige seiner Lieder werden heute noch in der Kirche gesungen.
An seinen Namen angelehnt ist vor einiger Zeit eine neue Band entstanden: Deine Ludder.
Der Bandname allein verrät schon, dass dieses Projekt alles andere als staubig ist, sondern sich eher an ein gewisses jugendliches "Sprichwort" anlehnt. Ebenso verhält es sich mit ihrer Musik: Deine Ludder haben sich zum Ziel gesetzt, den Staub von Luthers Liedern zu pusten und ordentlich Schwung ins Gesangbuch zu bringen.

Mit der ersten Platte der Jungs, die passenderweise am 31. Oktober 2016 erschienen ist und den gleichen Namen wie die Band trägt, ist das definitiv gelungen. Schon allein das Artwork, wo alle Bandmitglieder in Martin Luthers Portrait verkörpert sind, spricht für die Herren, die sich dieses Projekt zu Herzen genommen haben.
Das Self-titled Album enthält 11 Titel:

01 Verleih uns Frieden ewiglich
02 Die Beste Zeit im Jahr ist mein
03 Ein feste Burg ist unser Gott
04 Komm Gott Schöpfer Heiliger Geist
05 Aus tiefer Not schrei ich zu dir
06 Vater unser im Himmelreich
07 Jesus Christus unser Heiland
08 Nun freut euch liebe Christen g'mein
09 Mit Fried und Freud fahr ich dahin
10 Vom Himmel Hoch da komm ich her
11 Ach Gott vom Himmel sieh darein

"Verleih uns Frieden ewiglich" ist sehr düster, es schwingt der Geist des Mittelalters in der Altehrwürdigen Melodie mit. Das Intro ist sehr kurz und leitet ein Album ein, das man so nicht erwarten würde...

... denn das Zweite Lied zeigt deutlich, dass man es hier nicht mit einfachen Kirchenliedern zu tun hat. Eine E-Gitarre leitet das Lied, mit einem flotten Rhythmus, der der Freude im Text von "Die beste Zeit im Jahr ist mein" Ausdruck verleiht. Der Einsatz von Synthesizern in der Bridge gibt dem Lied, dessen Grundaufbau beibehalten wurde, eine poppige Note und gibt einen Vorgeschmack darauf, was auf der Platte noch folgen wird. 

Der dritte Titel, "Ein feste Burg" birgt wohl den größten Ohrwurmcharakter auf dem Album, die Melodie ist modern und peppig und vereint sich bestens mit dem Text, der ganz im Original belassen ist. Beim Einsatz von Synthies, flotten Beats und einer Portion Gitarren kann man zu Luthers Liedern schonmal das Tanzbein schwingen! Vor allem im Refrain fällt auch das Mitsingen nicht schwer.

"Komm Gott Schöpfer Heiliger Geist" kommt etwas ruhiger um die Ecke und erinnert ein wenig an Akustik- Pop. Der hymnische Charakter des ganzen kommt dann wieder im Refrain durch. Dieses Lied taugt sicher auch gut zum Worship, denn sowohl der Text als auch die Musik eignen sich bestens dazu, Gott neu zu sich einzuladen.

Das fünfte Lied der Platte beginnt sehr melancholisch - bei dem Titel "Aus tiefer Not schrei ich zu dir" nicht verwunderlich. Rhythmisches Getrommel im Schlagzeug und der vorsichtige Einsatz des Klaviers verleihen dem Hilfeschrei Ausdruck. Im Refrain klingen auch optimistischere Töne an, jedoch bleibt der Song insgesamt recht "düster" - In der Bridge wird es dann sogar richtig rockig, aber auch die Hoffnung, die im Text mitschwingt, klingt gut durch. Eine sehr gekonnte musikalische Interpretation des Luthertexts.

Nach dem rockigen Abgang des vorherigen Songs ist "Vater Unser im Himmelreich" wieder sehr andächtig - angebracht, da dieses Lied auch ans Vater Unser angelehnt ist. Die Bitte, aus dem Herzen heraus beten zu lassen und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen wird hier deutlich zum Ausdruck gebracht. Auch der Wunsch nach Vergebung und einem starken Glauben wird durch die Musik nachdrücklich verdeutlicht. Gegen Ende hin steigert sich der Song und zeigt Gänsehautpotenzial.

"Jesus Christus unser Heiland" legt ein deutlich flotteres Tempo an den Tag und fällt sofort durch den Einsatz des Glockenspiels auf. Das "Kyrie Eleison" im Refrain bringt ein weiteres Mal den Eindruck einer Hymne mit sich, doch auch hier findet eine Steigerung vom Beginn zum Ende des Songs hin statt. Da kann man fast nicht mehr anders, als aus dem Herzen heraus mitzusingen, vor allem da auch Deine Ludder selbst spürbar voll und ganz dabei sind.

Das achte Lied ist wiederum etwas getragener, hier steht klar der Text im Fokus. "Nun freut euch Liebe Christen g'mein" bietet zwar einen gewissen Kontrast zwischen dem Text, der zum Springen und Tanzen über Gottes Liebe auffordert, und der Musik, die eben etwas ruhiger ist. Genau dieser Kontrast jedoch rüttelt wach und lenkt besondere Aufmerksamkeit auf die Lyrics.

via by Patrick Horlacher
Da Deine Ludder auf Kontraste und Abwechslung stehen, wie wir bisher gemerkt habe, ist es jetzt deutlich an der Zeit für ein peppiges Lied, das nicht nur gut für einen Ohrwurm sorgt, sondern auch eine ordentliche Portion Rock anzubieten hat. Der Text von "Mit Fried und Freud fahr ich dahin" geht im neuen Gewand richtig gut ins Ohr. In der Bridge gibt es dann eine kleine Elektronische Überraschung, und der Text wird gesprochen statt gesungen - Womit dem ganzen richtig gut Nachdruck verliehen werden kann wenn es dann wieder rockig wird. Mit Soviel Inbrunst hat vermutlich noch nie jemand das Wort "Wonne" artikuliert.

Der Klassiker "Vom Himmel Hoch" wird von Deine Ludder ganz anders interpretiert als gewohnt. Mit einer ordentlichen Portion Electro könnte man gut meinen, Hillsong Young&Free hätten ihre Finger im Spiel. Der Text dürfte wohl den Meisten im Ohr liegen, aber sicherlich hatte noch nie jemand ein wirkliches Bedürfnis zum Tanzen bei dem weihnachtlichen Kirchenlied. Das wird hier grundlegend geändert.

Das abschließende Lied auf der Platte ist wieder sehr ruhig, und rundet das Gesamtwerk gut ab. "Ach Gott vom Himmel sieh darein" bestärkt die Zusage von Gott, bei uns zu sein auch wenn wir ihn manchmal nicht direkt in unserer Nähe spüren. Die Platte mit einem "Ehr' sei Gott Vater und dem Sohn" und einem kräftigen "Amen" zu beenden hätte besser nicht passen können.

Fazit: Was am Anfang ziemlich ungewohnt ist, wird beim 2. und 3. Mal hören erst ein bisschen lustig und dann richtig gut. Deine Ludder schaffen es, die guten, wenn auch etwas altertümlichen, Texte und Melodien des Reformators wieder ins Bewusstsein zu rufen und mit einem neuen instrumentalen Kick für die Jugend völlig neu aufzubereiten. Da kann es schonmal vorkommen, dass man plötzlich "Ein feste Burg ist unser Gott" unter der Dusche singt oder in der Bahn summt. In der Kirche wird einem sicherlich das eine oder andere Schmunzeln übers Gesicht huschen, wenn die Lieder in ihrer Traditionellen Weise gesungen werden - und Oma wird begeistert sein, woher man auf einmal den Text auswendig kann.
Ein großartiges Stück Musik zum Reformationsjubiläum, was man sich auf jeden Fall anhören sollte. Martin Luther selbst fände die Platte vermutlich ziemlich cool (;

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